„Nieuwigkeiten“ aus dem Stadtarchiv: Vor 280 Jahren - Gradnitz baut eine Kapelle

Veröffentlichungsdatum05.05.2006Lesedauer3 Minuten

Bereits 1725 fassten der „Richter und die ganze Gemainde des dem löblichen Stüfft und Closter Zwettl angehörigen Dorfes Grädniz“ den festen Beschluss, „zur grösseren Ehre Gottes eine Creuz Säullen oder [ein] kleines Kapellerl mit einem klainen Thürml und Glöckhl“ in ihrem Dorf zu erbauen. Dazu unterschrieben am 28. Juli 1725 der Gradnitzer Dorfrichter Gregor Kummerer und die beiden Geschworenen Georg Grezl und Johann Pfeiffer im Namen der gesamten Dorfbevölkerung einen Revers, mit dem sie gelobten und sich verbürgten, ihre Kapelle stets in gutem Zustand zu erhalten sowie ihre Verpflichtungen gegenüber der Pfarrkirche in Zwettl nicht zu vernachlässigen. Als besondere Beweggründe für den Bau der Kapelle gaben sie an, dass dadurch die an Sonn- und Feiertagen nachmittags und abends „müessig gehendte Jugent ohne Versäumung des ordinari Gottesdienst den hl. Roßencranz“ beten könne und dass man die Glocke zur Abwendung von Unwettern verwenden würde.

Gradnitz, Kapelle, um 1920 StAZ, Sign. BA 03/19/96

Gradnitz, Kapelle, um 1920; StAZ, Sign. BA 03/19/96

Da weder der Zwettler Pfarrvikar Urban Pöckh noch das Bischöfliche Consistorium dagegen etwas einzuwenden hatten, wurde die Kapelle 1726 gebaut. Die Bauleitung hatte niemand Geringerer als der Zwettler Baumeister Matthias Atzmüller, der zur selben Zeit unter Josef Munggenast mit der Errichtung des Stift Zwettler Turmes beschäftigt war. Er sollte für seine Tätigkeit in Gradnitz 60 Gulden bekommen.

Abrechnung über die Baukosten für die Kapelle in Gradnitz, 17. Mai 1727; Stadtarchiv Zwettl, Karton 205

Abrechnung über die Baukosten für die Kapelle in Gradnitz, 17. Mai 1727; Stadtarchiv Zwettl, Karton 205

Als der Bau abgeschlossen war, verfasste die Dorfgemeinschaft Gradnitz am 17. Mai 1727 eine Abrechnung „außgelegter Bau-Unkhosten“. Das gesamte Bauwerk kam auf 259 Gulden 15 Kreuzer. Atzmüller fand mit den veranschlagten 60 Gulden nicht das Auslangen, er erhielt zusätzlich weitere 14 Gulden. Die Zimmermannsarbeiten führte Johannes Mößner aus der Syrnau (heute Hauensteinerstraße 9) aus, er bekam dafür 25 Gulden und 48 Kreuzer. Die Ziegel für den Kapellenbau kamen vom Ziegelofen der Stadt Zwettl, der sich damals bei Moidrams befand. Für die Dachdeckung verbrauchte man 5.300 Schindel, die zusammen 8 Gulden kosteten. Der Tischler verfertigte neben vier Fenstern das Postament für den Altar und 21 Kirchenstühle, von denen einer auf 30 Kreuzer kam. Die Gradnitzer Kapelle hatte damals nur einen hölzernen Turm, dessen Bretter mit Leinöl eingelassen waren. 1908, anlässlich des 60-jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josefs, ersetzte man den Holzturm dann durch einen gemauerten. Die Tagwerker (Hilfsarbeiter) die beim Kapellenbau 1726 in Gradnitz beschäftigt waren, bekamen insgesamt 18 Gulden und 21 Kreuzer ausbezahlt. Damals verdiente ein Tagwerker in Zwettl pro Tag 12 Kreuzer; 1 Paar Schuhe kostete 1 Gulden 15 Kreuzer; 1 Pfund (= 0,56 kg) Rindfleisch kostete 3 bis 4 Kreuzer (1 Gulden = 60 Kreuzer). Sowohl der zuständige Dechant als auch der Zwettler Pfarrvikar besuchten noch während der Bauarbeiten die Kapelle in Gradnitz. Der Dechant bekam dafür und wohl auch für die Segnung des Gebäudes die stattliche Summe von 3 Gulden 36 Kreuzer, der Pfarrer nur 34 Kreuzer.

Stadtarchiv Zwettl, April 2006