Thema des Monats April 2017

Veröffentlichungsdatum01.04.2017Lesedauer2 Minuten

Ratsprotokoll 08, Sign.2-6, fol.132r - Stadtgemeinde Zwettl-NÖIm 17. Jahrhundert wurde der Stadtrichter von Zwettl von allen männlichen Bürgern gewählt. Er hatte ein äußerst wichtiges und verantwortungsvolles Amt inne, das in manchen Bereichen jenem eines Bürgermeisters in unserer Zeit ähnelt. Zum Unterschied von einem zeitgenössischen Bürgermeister hatte das Stadtoberhaupt in der Frühen Neuzeit aber auch richterliche Aufgaben zu erfüllen, ja er hatte sogar die Blutsgerichtsbarkeit inne. Das heißt, der Stadtrichter musste im Verein mit dem Rat der Stadt auch in Fällen von schweren Verbrechen urteilen und über Leben und Tod zu entscheiden. Allzu oft kam es in einer kleinen Stadt wie Zwettl aber nicht zu Hinrichtungen, und auch die Folter wurde nur selten angewendet. Daher hatte man hier in Zwettl keinen eigenen Henker, auch Freymann oder Scharfrichter genannt. Der Rat der Stadt schloss vielmehr immer wieder Verträge mit in Nachbarstädten wohnenden Henkern ab, um sich im Bedarfsfall deren Einsatz zu sichern. So zum Beispiel am 8. April 1617 mit Maister Ludtwig Fischer, dem Freyman zu Krems. Man vereinbarte einen jährlichen Sold von 13 Gulden, den Meister Fischer für seine Bereitschaft, als Henker in Zwettl bei Bedarf tätig zu werden, erhalten sollte. Für jeden Tag, an dem der ehrsame Stadtrat den Dienst des Henkers in Zwettl tatsächlich anfordern würde, sollte dieser für Verpflegung und alle anderen Aufwendungen zwei Gulden erhalten. Dafür würde er oder eine andere, von ihm bestimmte Person, immer dann, wenn der Rat der Stadt Zwettl oder das Landgericht es begehrte, unaufgehalten alsbald hier in Zwettl erscheinen, um Strafen wie rathbrechen (rädern), strangeliern (strangulieren), khöpfen, ausstreichen (auspeitschen), recken (strecken, eine der schlimmsten Formen der Folter) und prennen (foltern mit heißen, glühenden Gegenständen) gegen die bessen leithen und malefiz personnen zu vollstrecken.
Den Vertrag, in dem auch eine beidseitige vierwöchige Kündigungsfrist vereinbart worden war, unterfertigten sowohl der Zwettler Stadt- und Landrichter Michael Kholler als auch der Kremser Freymann Meister Ludwig Fischer und versahen ihn mit ihren persönlichen Petschaften.

Dazu siehe auch das Ratsprotokoll in Transkription (= Übertragung in unsere aktuelle Schrift): http://www.zwettl.gv.at/Die_Zwettler_Ratsprotokolle

Quelle: Stadtarchiv Zwettl, Ratsprotokoll 08, Sign. 02-06, fol. 132r.